Anlässlich unseres 75. Jubiläums im Jahr 1996 hat unser Ehrenmitglied, Kantonaler und Eidgenössicher Musikveteran, Werner Affolter, folgendes aus Protokollen und persönlichen Erinnerungen und Gedanken festgehalten
Am ersten Tage im August,
vor vierzig Jahren,
froh schlug das Herz in ihrer Brust,
den „Achten“ die es waren.
Die Gründer nämlich des Vereins,
der holden Musika!
Mit Mut bei einem Becher Wein,
man in die Zukunft sah.
Die Jahre gingen schnell vorbei,
nicht jeder hielt sein Wort,
es brach das Schifflein fast entzwei
und ward dann wieder flott.
Doch viele hielten wacker stand
und waren immer da,
bloss ab und zu mal einer fand,
sein Glück .... „z’Amerika“.
So schrieb der Chronist der Musikgesellschaft anlässlich des 40. Jubiläums 1961. Diese Verse haben auch heute noch ihre Gültigkeit, auch wenn inzwischen seit der Gründung des Vereins nicht 40
Jahre, sondern stolze 75 Jahre vergangen sind.
Zum 50. Jubiläum durften wir noch fünf der ehemals acht Gründungsmitglieder zum damaligen Fest begrüssen und heute nochmals 25 Jahre später, lebt nur noch unser Ehrenmitglied und Mitgründer
Robert Gasser. Am 12. Juli 1996 konnte er in seinem Heim in Florida seinen 94. Geburtstag feiern, wo er sicher auch noch heute ab und zu an die Zeit in Sutz zurückdenkt.
75 Jahre Vereinsgeschichte sind eigentlich viel zu umfangreich um in ein paar Sätzen, ja um in ein paar Seiten zusammengefasst werden zu können. Ich beschränke mich deshalb auf das meiner Ansicht
nach Wichtigste, an das ich mich aus meiner über 50 Jahren Aktivmitgliedschaft zu erinnern vermag. "Hochs und Tiefs" aber auch "Freud und Leid" lagen in der Geschichte des Vereins immer nahe
beieinander.
Die ersten zehn Vereinsjahre waren bereits schwer zu überstehen, es brauchte viel Mut und eisernen Durchhaltewillen um den jungen Verein am Leben zu erhalten. Es war der Anfang der Kriesenzeit
und das schon damals benötigte Geld fehlte und das nicht nur in der Vereinskasse. Mit recht bescheidenen Erlösen aus kleinen Anlässen, wie zuerst Gartenfesten, Zuckerstockkegeln oder auch einem
Blumenrad und später mit Eierauflesen, mit Paradekonzerten und schon bald mit den ersten Passivkonzerten, versuchte man die finanziellen Probleme zu meistern. 1934 bin ich als Jungmusikant in den
Verein aufgenommen worden und durfte von da an, meinen Teil zum Gedeihen oder manchmal auch nur zum Überleben unserer Dorfmusik beitragen. Die vielen fröhlichen Stunden, die überwiegend positive
Kameradschaft im Verein, die zahlreichen Erfolge an Anlässen und gemeinsame Reiseerlebnisse, haben meinen zeitlichen und manchmal auch finanziellen Aufwand sowie die unerfreulicheren
Vorkommnisse, stets aufgewogen.
1935 wurde die Musikgesellschaft Sutz-Lattrigen Mitglied des Bernischen Kantonal-Musikverbandes und im Jahr 1936 bekamen wir bereits die erste Einladung, um an einem Seeländischen Musiktag
teilzunehmen. Dazu einen Auszug von unserem Chronisten:
Ein Lichtblick war der zehnte Mai,
im Jahre sechsunddreissig,
da meinte man sich "fei echlei"
und übte vorher fleissig,
und hat es schliesslich auch gewagt,
ein Grüppchen nur... zehn Mann,
die spielten froh und unverzagt,
am Musiktag in Twann.
Diesen ersten grösseren Anlass besuchten wir damals allerdings noch ohne Uniform und ohne Fahne.
Aber 1937 konnten wir bereits unsere erste rotbraune Uniform und zugleich die von unserem damaligen Dirigenten gespendete Vereinsfahne einweihen. Ich erinnere mich noch sehr gut, dass es
ein schönes Fest an einem herrlichen "Bluescht" Frühlingstag war. Aber auf ein "Hoch" folgt vielfach auch wieder ein "Tief" und so war es auch damals. Die folgende Aktivdienstzeit brachte den
Verein in grosse Schwierigkeiten. Mitgliederverlust, schlechter Probenbesuch und die dadurch unvermeidlichen Differenzen veranlassten den damaligen Dirigenten zum Rücktritt. Mir bleibt noch gut
in Erinnerung, wie wir zu dieser Zeit mit nur noch zwölf Musikanten an einem Freundschaftsmusiktag mitmachten. Auch diese Krise konnte wieder überwunden werden, dank jungen Bläsern aus eigenen
erfolgreichen Musikkursen ging es wieder flott "obsi".
1949 durfte unser Verein zum ersten Mal den Seeländischen Musiktag durchführen. Damals waren es 25 Gesellschaften aus dem ganzen Seeland, die nach Sutz ans "Seeländische" kamen. Ein sonniger
Festtag, ein prächtiger Festplatz unter blühenden Kirschbäumen, aber leider trotzdem nicht nur eitel Freude. Wegen eines Lapsus unseres Küchenchefs, hatte es für drei Vereine zwar noch Fleisch
aber keine Hörnli mehr. Obschon die Benachteiligten später nachverpflegt wurden, wurde uns dieser Fehler noch jahrelang, meiner Meinung nach, unkameradschaftlich und schadenfreudig
nachgetragen.
1955 haben wir uns zur Anschaffung unserer zweiten und blauen Uniform entschieden. Zu dieser Zeit eine schöne und moderne Uniform, auf die wir sehr stolz waren. Erstmals in unserer
Vereinsgeschichte wollten wir daraufhin an einem Kantonalen Musikfest in Bern teilnehmen und dabei auch unsere neue Uniform präsentieren. Die Vorfreude war gross, doch kurz vorher verunfallten
auf einem gemeinsamen Töffausflug zwei Musikkameraden tödlich und ein Unglück kommt selten allein, denn nur eine Woche später verunfallte auch unser Präsident schwer. Zusätzlich waren
gleichzeitig auch noch unser Fähnrich und unser Bassist zu einem Spitalaufenthalt gezwungen. So blieb uns nur noch unsere Teilnahme am Kantonalen Musikfest abzusagen.
1959 war ein weiterer wichtiger Höhepunkt für unsere Musikgesellschaft, konnten wir doch die meisten unserer Bläser mit neuen und erstklassigen Instrumenten ausrüsten. Die nur einige Jahre
auseinanderliegende Neuuniformierung und Neuinstrumentierung konnten wir uns nur leisten dank eigenen Ersparnissen, dem Ertrag aus einer Lotterie und der immer grosszügigen finanziellen
Unterstützung der Dorfbevölkerung sowie der Behörden.
1963 wurde die brüchig gewordene erste Fahne durch unsere zweite und auch noch heutige Vereinsfahne ersetzt. Ein schöner Frühlingstag, ein einmaliger Festplatz hinter dem Bauder Chalet und ein
begeisterndes Konzert des Götti-Vereins, der Musikgesellschaft Suberg-Grossaffoltern, waren die Höhepunkte der gelungenen Fahnenweihe.
1965 beschlossen wir, ermutigt durch die gute Vereinsstruktur und das gute musikalische Niveau, am Bernisch Kantonalen Musikfest in St. Imier teilzunehmen. Gut vorbereitet errangen wir unter der
Leitung von Hans Ries, sowohl im Selbstwahlstück wie im Aufgabestück und sogar auch noch in der Marschmusik das Prädikat "vorzüglich". Bei der Ausstattung unserer Fahne mit dem Goldkranz und beim
herzlichen Empfang in Sutz-Lattrigen gab es wahrhaftig bei manchen Musikanten Freudentränen.
1970 nahmen wir auch erstmals an einem Eidgenössischen Musikfest in Aarau teil.1976 wiederholten wir dieses Unterfangen nochmals in Biel. Zu einer Bewertung im ersten Rang reichte es nicht ganz,
aber doch für einen für uns befriedigenden Rang und für die Erinnerung und Genugtuung an zwei "Eidgenössischen" teilgenommen zu haben.
1971 hatten wir zu unserem 50 Jubiläum die Stadtmusik Neuffen aus Deutschland zu Gast. Eine einwandfreie Organisation, am Samstag und Sonntag ein vollbesetztes Festzelt mit einem
begeisterungsfähigen Publikum und ein tolles Konzert des Gastvereins liessen das Fest zu einem Höhepunkt werden.
Noch im gleichen Jahr anlässlich unseres Winterkonzertes war es nicht der Verein, sondern unser geschätzter Hans Ries der ein Jubiläum feiern konnte. Volle 20 Jahre hatte er sich bis 1971 bereits
unermüdlich als Dirigent für die Musikgesellschaft eingesetzt. Sein Wirken war jedoch mit diesem Jubiläum nicht zu Ende, alle wissen es, noch heute ist Ehrendirigent Hans Ries aktiver Musikant
und unterdessen schon oft auch wieder bei zahlreiche Auftritte als Dirigent eingesprungen.
1976 hatten wir unerwartet grosses Glück, bekamen wir doch unsere dritte schwarze Uniform, die Bekleidung der aufgelösten Betriebsmusik der GM, von Herrn Besch, Garagist aus Biel, gespendet. Nur
noch das Aufsticken unseres Gemeindewappens mussten wir noch finanzieren.
Die heutige aktuelle rot/beige Uniform wurde 1986 eingeweiht. Ich hoffe und mit mir auch viele hiesige Musikfreunde , dass "unsere" Musikgesellschaft im jetzigen Gewand auch in Zukunft alle
Schwierigkeiten wird meistern können und Erfolge feiern kann. Die Kameradschaft ist gegenwärtig ausgesprochen gut und die letzten Winterkonzerte haben eindrücklich bewiesen, dass auch das
musikalische Können beachtlich verbessert werden konnte. Allerdings ist auch nicht zu verschweigen, dass es nötig wäre, kleine Lücken in der Besetzung schliessen zu können. Durch eine seriöse
Jungbläserausbildung wird bereits seit längerem versucht dieses Ziel zu erreichen. Wenn man die heutige Besetzung betrachtet, hat sich der frühere weise Entscheid, auf Harmonie Besetzung
umzusteigen und Musikantinnen in den Verein aufzunehmen als musikalisch und kameradschaftlich richtig erwiesen.
Für die finanzielle Unterstützung "meines" Vereins möchte ich einmal allen Spendern und Gönnern herzlich danken. Es wäre auch schön, wenn sich wieder vermehrt Frauen und Männer zum aktiven
Musizieren entschliessen könnten, denn ein gesicherter Mitgliederbestand ist für jeden Verein überlebenswichtig.
Mit dem Bau des neuen, vereinseigenen Musikpavillons wurden optimale Voraussetzungen für den Probenbetrieb der Musikgesellschaft, sowie für die Ausbildung der Jungbläser geschaffen. Diese grosse
Investition, auch wenn sie mehr kostete als geplant, ist sicher ein guter Trumpf für die Zukunft.
Ich habe versucht die wichtigsten Ereignisse aus den 75 Jahren Vereinsgeschichte zu schildern, auch wenn nur ein ganz kleiner Teil aus dem Wirken der Musik aufgeführt werden konnte, so lässt sich
doch daraus erahnen wie viel Einsatz, Beharrlichkeit und Arbeitsleistung all die Jahre hindurch geleistet wurde.
Zur Veranschaulichung einige Zahlen aus 75 Jahren Musikgeschichte:
All diese, erst noch nicht vollständige Angaben, veranschaulichen doch deutlich, was für ein Beitrag die Musikgesellschaft seit ihrem Bestehen für die Kultur und den Zusammenhalt in unserer
Gemeinde geleistet hat.
Der Musikgesellschaft Sutz-Lattrigen die besten Glückwünsche für die nächsten 25 Jahre und abschliessend noch einen nostalgischen Vers von unserem Chronisten.